Zu später oder früher Stunde je nachdem wie man es nimmt mal wieder was von mir. Und zwar geht es um Liebe zu einem Menschen den man gar nicht kennt. Über die Jahre habe ich immer wieder sehr intensiv über meinen Großvater nachgedacht. Ich kenne ihn nicht persönlich da er etwa 2 Jahre vor meiner Geburt starb, aber immer wenn ich an ihn denke, wünschte ich, ich hätte ihn noch persönlich gekannt. Nach allem was die Menschen erzählen, die ihn kannten, war er etwas sehr besonderes. Er ist 1959 an Magenkrebs gestorben, aber selbst heute ist er immer noch präsent in den Gedanken vieler Menschen. Er war ursprünglich bei der kaiserlichen Garde und wurde im ersten Weltkrieg dann aber abkommandiert an die Westfront, Richtung Verdun. Diese Gegend wurde von den Soldaten „der Fleischwolf“ genannt, aufgrund der vielen Toten und Verletzten. Bei einem Angriff auf die gegnerischen Schützengräben fiel er in einen der unzähligen Bombentrichter die die ganze Landschaft zerpflügten. Um ihn rum lagen die Leichen von Gefallenen, deutsche wie französische, im Tod gab es keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind, und einer der Toten hatte ein kleines Buch in der Hand. Es hatte mehr den Charakter von einem der heutigen Schulhefte aus der ersten Klasse. Er nahm es mit sich in der Hoffnung dort Informationen über den Toten zu finden, aber stattdessen fand er dort Sprüche in Versform. Er überstand diesen furchtbaren Krieg mit sehr viel Glück und fand heraus das es sich bei diesen Sprüchen um etwas handelte mit dem er Tiere besprechen und behandeln konnte. Nach seiner Rückkehr begann er damit die Tiere auf seinem Hof zu besprechen und die Erfolge begannen sich sehr schnell herum zu sprechen und wenn es auf einem der Nachbarhöfe zu Problemen mit den Tieren kam, hieß es nur „hol schnell den Franz Ledder, der bringt das in Ordnung“ Er hat nie was dafür genommen, sehr zum Leidwesen meiner Großmutter die da schon anders gestrickt war. Dann kam der 2te Weltkrieg. Mein Großvater war eigentlich gar nicht mehr im, wie man das nannte, „wehrfähigen Alter“, aber er wurde eingezogen und sollte dann als Wächter in einem nahegelegenen Kriegsgefangenenlager mit anderen zusammen die Gefangenen bewachen. Die russischen Gefangenen waren in einem erbärmlichen Zustand und mein Großvater wollte etwas dagegen unternehmen. Aber er musste extrem Aufpassen da es unter den Wächtern hundertprozentige Nazis gab die ihn sofort verraten hätten wenn sie gewusst hätten was er vorhatte. Er schnappte sich 2 Gefangene und ging mit ihnen auf den umliegenden Feldern Kartoffeln klauen. Er war dabei immer bewaffnet und er schärfte den Gefangenen ein, das, sollten sie kontrolliert werden, sie immer bestätigen sollten, das er sie in die Kreisstadt brächte zum Verhör. Er hatte vor dem Krieg russisch gelernt und konnte sich verständigen. Was er nicht wusste war, das einer seiner Gefangenen ein hoher russischer Offizier war, der sich in der einfachen Uniform eines Soldaten versteckte. Dann war eines Tages der Krieg vorbei und irgendwann danach wurde mein Großvater von einem russischen Einsatzkommando gefangen genommen, die das Land auf der Suche nach Nazis durchkämmten. Sie brachten ihn zum Verhör in die Kommandantur und er wusste das er in extremen Schwierigkeiten war da die Russen mit allen die sie erwischten, gleichgültig ob Nazi oder nicht, kurzen Prozess machten, oft nur aus Rache. Und einer der Offiziere, die ihn verhören sollten, war der russische Offizier aus dem Lager. Als der sah, wen die Soldaten da angeschleppt hatten, gab es ein mörderisches Donnerwetter und die Soldaten wurden zwangsversetzt und mein Großvater kam frei. Er arbeitete später in der Kommandantur als Übersetzer und er und der Offizier wurden sowas wie Freunde. Diese Geschichten hatte mir meine Großmutter immer wieder erzählt und nachdem die Mauer fiel ist sie mir von verschiedenen Menschen bestätigt worden die sich nach so langer Zeit immer noch an ihn erinnern konnten.
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